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Die Vor- und Nacherbschaft - ein Gestaltungsmittel zur Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen

Die Vor- und Nacherbschaft - ein Gestaltungsmittel zur Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen

Das Rechtsinstitut der Vor- und Nacherbschaft bietet dem künftigen Erblasser, der ein Testament errichtet, eine Reihe von Regelungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen er seine Wünsche und Vorstellungen zur Vermögensnachfolge verwirklichen kann. Insbesondere können mit der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft Ansprüche Pflichtteilsberechtigter in erheblichem Umfange reduziert werden. Gern können Sie uns auch vorab Ihr Anliegen per E-Mail schildern. Oder vereinbaren Sie einfach telefonisch einen Besprechungstermin. Tel.: 02302/580820.

Im Einzelnen:

1. Kreis der Pflichtteilsberechtigten:

Pflichtteilsberechtigt sind nur Abkömmlinge des Erblassers sowie Eltern und Ehegatten (§ 2303 BGB). Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Dementsprechend ist es Aufgabe der Rechtsberater, zunächst das gesetzliche Erbteil festzustellen, um hiervon ausgehend den Pflichtteil zu bemessen.

2. Anordnung von Vor- und Nacherbschaft:

Die Anordnung der Nacherbfolge ist eine Sonderform der Erbeinsetzung. Nacherbe ist derjenige, der kraft Testamentes oder Erbvertrags Erbe werden soll, nachdem zuvor ein anderer, nämlich der Vorerbe, Erbe geworden ist (§ 2100 BGB).

Beispiel:

Der Erblasser testiert:

„Meine Ehefrau Monika soll Vorerbin meines Nachlasses sein. Wenn sie stirbt, soll mein Vermögen an unsere ehegemeinsamen Kinder Peter und Paul anfallen“.

Der Nacherbe erhält die Erbschaft erst mit dem Ereignis, an das die Nacherbschaft geknüpft ist, z. B. die Wiederverheiratung oder bei Tod des Vorerben.

Die Einsetzung eines Nacherben bewirkt also, dass in dasselbe Vermögen eine mehrfache Erbfolge stattfindet. Zuerst erwirbt der Vorerbe den Nachlass. Dieser ist dann wirklicher Erbe, allerdings nur auf Zeit.
Zu einem vom Erblasser zu bestimmenden Zeitpunkt hört er auf, Erbe zu sein. Dieser Zeitpunkt wird regelmäßig mit einer etwaigen Wiederverheiratung des überlebenden Teils festgelegt oder mit dem Tod des Vorerben. Dann wird der Nacherbe endgültig Erbe des ursprünglichen Erblassers; er ist also nicht etwa Erbe des Vorerben. Vorerben und Nacherben sind auch keine Miterben. Sie beerben den Erben nämlich nacheinander.

Der Vorerbe ist nach allem im gesetzlich geregelten Normalfall nur eine Art Treuhänder für den Nacherben; ihm stehen nur die Nutzungen des Nachlasses zu. Dennoch ist er nicht als bloßer Nießbraucher (Nutznießer) der Erbschaft anzusehen. Er hat eine starke Rechtsposition: Er ist nämlich wahrer Erbe. Bis zum Eintritt der Nacherbfolge ist der Vorerbe Träger aller Rechte und Pflichten, die zum Nachlass gehören. Er ist insbesondere Eigentümer der Nachlasssachen, ebenso wie der Erbschaftsforderungen und Schuldner der Nachlassverbindlichkeiten. Außerdem hat er für den Bestand des Nachlasses Sorge zu tragen.

3. Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen

Vor allem bei unliebsamen Kindern sollte im Rahmen einer erbrechtlichen Vermeidungsstrategie ein sog. „Berliner Testament“ vermieden und vielmehr an eine aufschiebend bedingt angeordnete Vor- und Nacherbschaft gedacht werden.

Dabei wird der überlebende Ehegatte für den Fall, dass ein Abkömmling beim ersten Sterbefall seinen Pflichtteil verlangt, zum (für dieses Verlangen aufschiebend bedingten) Vorerben berufen. Nacherbe wird das den Pflichtteil nicht fordernde Kind. Der Nacherbe wird auf dasjenige, was von der Erbschaft bei dem Eintritt der Nacherbfolge übrig bleibt, gesetzt. Damit wird erreicht, dass beim zweiten Sterbefall der Pflichtteil sich nur aus dem nicht geerbten Vermögen des überlebenden Ehegatten errechnet.

Dies soll folgender Fall verdeutlichen:

Die Eheleute haben zwei Kinder K1 und K2. Das Vermögen des erstversterbenden Elternteils beträgt 1.000.000,00 €, dasjenige des Überlebenden 0,00 €.

Beim sog. „Berliner Testament“ wird der überlebende Elternteil zunächst alleiniger Erbe. Beim ersten Sterbefall hat K1 einen Pflichtteilsanspruch von 1/8 aus 1.000.000,00 € = 125.000,00 €; beim Ableben des überlebenden Elternteils erhöht sich für den Fall, dass K1 auch hier enterbt worden ist, der Pflichtteilsanspruch auf 1/4, jetzt aber nach einem Nachlasswert von 1.000.000,00 € abzüglich 125.000,00 € Pflichtteil nach dem erstversterbenden Elternteil = 875.000,00 €; hiervon 1/4 = 218.750,00 €.

Insgesamt erhält K1 damit Pflichtteilsansprüche i. H. v. 343.750,00 €.

Bei der „Vor- und Nacherbschaft“ stellt sich das Berechnungsbeispiel wie folgt dar:

Vermögen des erstversterbenden Elternteils 1.000.00,00 €
Vermögen des überlebenden Elternteils 0,00 €.

Pflichtteil K1 beim ersten Sterbefall 1/8 aus 1.000.000,00 € = 125.000,00 €
Pflichtteil K1 beim zweiten Sterbefall = 0,00 €.

Damit tritt durch die vorliegende Fallgestaltung mit der „Vor- und Nacherbschaft“ eine Ersparnis von 218.750,00 € ein.

Der vorstehende Sachverhalt gibt nur eine von zahlreichen Situationen wieder, in denen eine Regelung in Form der Vor- und Nacherbschaft durchaus sinnvoll erscheinen kann. Allerdings beruht das Rechtsinstitut der Vor- und Nacherbschaft auf recht komplizierten gesetzlichen Regelungen, die nur selten beherrscht werden. Dementsprechend ist kompetente Beratung angezeigt.Gern können Sie uns auch vorab Ihr Anliegen per E-Mail schildern. Oder vereinbaren Sie einfach telefonisch einen Besprechungstermin. Tel.: 02302/580820.



Eingestellt am 10.08.2017 von R. Schauwienold
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