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Grundsätzliches zur Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich

Grundsätzliches zur Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich
- Ausführungen zum jüngsten BGH-Urteil vom 08.11.2017 -

Bei einer zunehmenden Anzahl der Scheidungen spielt die gerechte Verteilung des ehelichen Vermögens eine wichtige Rolle. Diese erfolgt dabei in der Regel im sog. Zugewinnausgleich, welcher zeitgleich mit der Scheidung erfolgen kann oder aber zwecks Vermeidung einer Verjährung spätestens bis drei Jahre nach Rechtskraft derselben beantragt werden muss. Um den Zugewinnausgleich korrekt berechnen zu können, bedarf es der wechselseitigen Auskunft über das Anfangs- und Endvermögen. Ohne die notwendigen Daten zu den jeweiligen Stichtagen lässt sich dieser nicht berechnen. Probleme bereitet hier insbesondere die Bewertung von Unternehmen. Das zeigt die nachstehend in Auszügen dargestellte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 08.11.2017 (Az.: XII ZR 108/16):

Für die Bewertung des Endvermögens nach § 1376 Abs. 2 BGB ist der objektive Verkehrswert der Vermögensgegenstände maßgebend. Ziel der Wertermittlung ist es deshalb, die Unternehmensbeteiligung des Ehegatten mit ihrem „vollen, wirklichen“ Wert anzusetzen. Grundsätze darüber, nach welcher Methode das zu geschehen hat, enthält das Gesetz nicht. Die sachverhaltspezifische Auswahl aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Methoden und deren Anwendung ist Aufgabe des – sachverständig beratenen – Tatrichters. Seine Entscheidung kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungsgrundsätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht.

Von dem BGH wurde die Ertragswertmethode herangezogen. Dies ist nicht zu beanstanden.

Im Rahmen der Ertragswertmethode wird die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens ermittelt (Zukunftserfolgswert), und zwar durch eine Rückschau auf die Erträge des Unternehmens in den letzten Jahren. Auf dieser Grundlage wird eine Prognose zur Ertragslage der nächsten Jahre erstellt. Damit wird das Unternehmen in seiner Gesamtheit bewertet. Der Wert der einzelnen Gegenstände ist insoweit ohne Bedeutung. Der Ertragswert eines Unternehmens ist nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen allein aus seiner Eigenschaft abzuleiten, nachhaltig ausschüttbare Überschüsse zu produzieren. Diese werden kapitalisiert und auf den Bewertungsstichtag bezogen. Verbindliche Regelungen darüber, welcher Zeitraum bei der Unternehmensbewertung zugrunde zu legen ist, gibt es nicht. Der Durchschnittsertrag wird in der Regel auf Basis der letzten drei bis fünf Jahre ermittelt, wobei die jüngeren Erträge stärker gewichtet werden können als die älteren.

Bei freiberuflichen Praxen und inhabergeführten Unternehmen kann die Bewertung allerdings grundsätzlich nicht nach dem reinen Ertragswertverfahren erfolgen, weil sich die Ertragsprognose kaum von der Person des Inhabers trennen lässt und der Ertrag von ihm durch unternehmerische Entscheidungen beeinflusst werden kann. Zudem kann die Erwartung künftigen Einkommens, die der individuellen Arbeitskraft des Inhabers zuzurechnen ist, nicht maßgebend sein, weil es beim Zugewinnausgleich nur auf das am Stichtag vorhandene Vermögen ankommt. Daher hat der BGH für solche Fälle eine modifizierte Ertragswertmethode gebilligt, die sich einerseits an den durchschnittlichen Erträgen orientiert, andererseits aber auch einen Unternehmerlohn des Inhabers als Passivposten berücksichtigt.

Die Bestimmung dieses Unternehmerlohns orientiert sich dabei an den individuellen Verhältnissen des Inhabers. Denn nur auf diese Weise kann der auf den derzeitigen Inhaber bezogene Wert ausgeschieden werden, der auf dessen persönlichen Einsatz beruht und nicht auf den potentiellen Erwerber übertragbar ist.

Für die Bewertung von Gegenständen des Endvermögens ist grundsätzlich der Ausgleichsgläubiger darlegungs- und beweisbelastet. Der ihm deshalb zustehende Auskunftsanspruch aus § 1379 BGB erstreckt sich allerdings auf Gegenstand und Umfang der in den Jahresabschlüssen des Unternehmens nicht abgebildeten Unternehmertätigkeit. Insoweit hat der Ausgleichsgläubiger allenfalls einen Anspruch auf Wertfeststellung durch einen Sachverständigen entsprechend § 1377 Abs. 2 S. 3 BGB, der auf Duldung der Ermittlungen durch den Sachverständigen gerichtet ist.

Macht der Ausgleichschuldner nach erfolgter sachverständiger Wertermittlung geltend, diese sei unzutreffend, weil sie Gegebenheiten unberücksichtigt lasse, so trifft ihn jedenfalls dann nach allgemeinen Grundsätzen eine sekundäre Darlegungslast für die nach seiner Auffassung in die Wertermittlung noch einzubeziehenden Umstände, wenn der Ausgleichsgläubiger außerhalb des insoweit maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den rechtserheblichen Sachverhalt nicht von sich aus ermitteln kann.

Maßgeblicher Stichtag für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung ist gem. § 1384 BGB der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Aus dem Stichtagsprinzip folgt, dass für die Bewertung eines in die Zugewinnberechnung fallenden Vermögensgegenstandes grundsätzlich auf die Erkenntnismöglichkeiten an diesem Stichtag abzustellen ist. Nach dem Stichtag eintretende Entwicklungen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Stichtag schon angelegt waren.

Mit diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof einen wichtigen Beitrag für die Praxis erbracht, und zwar mit folgendem Ergebnis:

- Die Ertragswertmethode und ihre modifizierte Anwendung für inhabergeführte Unternehmen sind erneut vom BGH favorisiert und bestätigt worden.

- Wenn ein Unternehmen im Bewertungszeitraum (3-5 Jahre mit möglicherweise stärkerer Gewichtung der jüngeren Jahre) nur teilweise inhabergeführt war, so ist jedenfalls für diesen Zeitraum die Modifizierung vorzunehmen (zeitanteilige Modifizierung).

- Aufgrund der Schwierigkeiten für den Gläubiger eines Zugewinnausgleichsanspruchs, der regelmäßig außerhalb des betroffenen Unternehmens steht und keine weiteren Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung hat, nimmt der BGH an, dass den Schuldner des Zugewinnausgleichsanspruchs und Unternehmensbeteiligten eine sekundäre Darlegungslast treffe, wenn er nach erfolgter sachverständiger Unternehmenswertfeststellung deren Richtigkeit bestreitet. Dies gilt insbesondere für Art und Umfang der von den tätigen Gesellschaftern geleisteten Arbeiten.


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