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Zehnjahresfrist für Sozialhilfeträger

(erschienen in: StadtMagazin Witten, 116. Ausgabe, August/September 2018, S. 36)

Das OLG Köln hatte über folgenden Fall zu befinden:

Die Mutter hatte auf ihren Sohn eine werthaltige Immobilie unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchrechts sowie einer Pflegeverpflichtung in gesunden und kranken Tagen übertragen. Nach dem Übergabevertrag sollte „die Pflegeverpflichtung ohne Ersatzleistungspflicht ruhen, wenn und solange sich die Übergeberin auf Einweisung ihres Hausarztes in einem Krankenhaus, Pflegeheim oder Altersheim aufhielt“.

Die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch erfolgte am 01.04.1998. Am 23.07.2008 wurde die Mutter in einem Altersheim aufgenommen.

Nunmehr verklagt die zuständige Sozialbehörde den Sohn auf Ersatz der nicht gedeckten Pflegekosten (Kosten des Heimaufenthaltes ./. Renteneinkommen und Pflegegeld).

Das OLG Köln wies die Klage des Sozialamtes teilweise als unzulässig, teilweise als unbegründet ab.

I.

Soweit das Sozialamt den Regressanspruch darauf gestützt hatte, dass der beklagte Sohn aus seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber seiner Mutter verpflichtet sei, die Heimkosten zu tragen (sog. Elternunterhalt), verwarf es die Klage als unzulässig, weil für solche Unterhaltsklagen auch bei übergeleiteten Ansprüchen auf die Sozialbehörde ausschließlich die Familiengerichte zuständig seien (§§ 23 a Abs. 1 Nr. 1 GVG, 111 Nr. 8 FamFG). Insoweit war die von dem Sozialhilfeträger vor dem Landgericht (statt Familiengericht beim Amtsgericht) erhobene Klage bereits unzulässig.

II.

Im Übrigen war sie aber auch unbegründet.

a)
Soweit das klagende Sozialamt den Anspruch aus dem Nießbrauchrecht auf sich übergeleitet hatte, war dieser Anspruch nämlich verfristet. Zwischen dem Zeitpunkt der Übereignung der Immobilie und der Aufnahme in das Altersheim lagen mehr als 10 Jahre (§ 529 BGB).

b)
Soweit die Mutter weiterhin Inhaberin des Nießbrauchrechts auch nach Ablauf der 10-Jahresfrist war, ergab sich für den Sohn als Eigentümer keine Verpflichtung, die durch den Auszug der Mutter in ein Altersheim freigewordene Wohnung fremd zu vermieten und diesen Mietzins dem Sozialamt zur – teilweisen – Deckung der nicht gedeckten Heimkosten zur Verfügung zu stellen.

Bei vorbehaltenen Nießbrauch- oder Wohnungsrechten ist der jeweilige Berechtigte lediglich verpflichtet, tatsächlich gezogene Mieten an den Berechtigten weiterzuleiten. Er ist aber nicht verpflichtet, die Wohnung selbst zu vermieten. Nach Ansicht des OLG Köln ist es allein Sache des Berechtigten, für eine Vermietung zu sorgen. Wenn der Beklagte im vorliegenden Fall das ihm von der Mutter übertragene Anwesen nicht vermiete, so treffe ihn mangels erzielter Einkünfte auch keine Zahlungspflicht gegenüber dem Sozialhilfeträger.

c)
Auch aus der in dem notariellen Übergabevertrag getroffenen Pflegeverpflichtung könne das klagende Sozialamt keine Rechte für sich herleiten. Zwar komme – so das OLG Köln – durchaus eine Auslegung des Vertrages in der Weise in Betracht, nach der der Verpflichtete, hier der Sohn, die bei der Heimunterbringung seiner Mutter ersparten Aufwendungen zu ersetzen habe, die er, der Sohn, gehabt hätte, wenn er die Mutter in dem ihm übertragenen Anwesen hätte versorgen und verpflegen müssen. Dies setze aber voraus, dass der Übertragsvertrag eine Regelungslücke enthalte. Davon könne vorliegend aber nicht die Rede sein. Nach dem Übergabevertrag ruhe nämlich „die Pflegepflicht ohne Ersatzleistungspflicht, wenn und solange sich der Übergeber auf Einweisung des Hausarztes in einem Krankenhaus, Pflege- oder Altersheim aufhalte“.

Dementsprechend könnten die nicht gedeckten Heimkosten der Mutter auch nicht auf diese vertragliche Regelung gestützt werden.

Insgesamt war damit das Klagebegehren des Ersatz für die Pflegekosten begehrenden Sozialamtes erfolglos.

Gerade aus der angeführten Entscheidung des OLG Köln folgt:

Durch geschickte Formulierungen in notariellen Übertragsverträgen können einerseits Regressfallen vermieden werden. Andererseits kann sachkompetente Beratung zu beträchtlicher Schadensminderung beitragen.


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